Im Liebermann-Haus am Brandenburger Tor wird an eine bemerkenswerte Begegnung von Im- und Expressionismus erinnert: Der Hausherr Max Liebermann trifft auf Ernst Ludwig Kirchner und umgekehrt.
Im Jahr 1926 reiste Kirchner aus Davos, wohin er sich wegen seiner angeschlagenen Gesundheit zurückgezogen hatte, nach Berlin und besuchte den fast achtzigjährigen Grandseigneur am Pariser Platz. Liebermann empfing den um 33 Jahre jüngeren Künstler in seinem Musikzimmer und war bereit, für ein Porträt Modell zu sitzen.
Ergebnis dieses Besuches waren einige vorbereitende Zeichnungen, auf deren Grundlage Kirchner, nach Davos zurückgekehrt, sein beeindruckendes, expressionistisches Liebermann-Porträt malte.Dieses Gemälde, das dank einer großzügigen Spende im letzten Jahr durch die Nationalgalerie angekauft wurde, steht im Zentrum der präzise ausgewählten, sieben Werke umfassenden Kabinettausstellung im Liebermann-Haus am Brandenburger Tor.
Das Hauptwerk wird hervorragend ergänzt durch die beiden vorbereitenden Skizzen, die sich erhalten haben, durch zwei Selbstporträts Liebermanns und zwei Kirchner-Gemälde, die den Pariser Platz mit Brandenburger Tor darstellen. Das gelungene, spannungsreiche Aufeinandertreffen von im- und expressionistischer Kunst wird komplettiert durch eine Dokumentation über das Leben der Familie Liebermann im Haus am Pariser Platz und durch großformatige historische Photographien des zerstörten Liebermann-Hauses unmittelbar nach dem Krieg.
Am Mittwoch ist die sehr gelungene, von Prof. Dr. Peter-Klaus Schuster und Dr. Anke Daemgen konzipierte Ausstellung in Anwesenheit zahlreicher Gäste, unter ihnen Peter Raue und Margot Friedländer, eröffnet worden.
Weitere Informationen:
http://www.brandenburgertor.de/kultur/ausstellungen/kirchner/index.html
Autor: Dr. Martin Faass
Dr. Martin Faass ist Museumsleiter der Liebermann-Villa