25 Jahre – 25 Bilder: 1997. Max Liebermanns 150. Geburtstag

Für das Jahr 1997 haben wir einen Zeitungsausschnitt aus dem Archiv der Max-Liebermann-Gesellschaft ausgewählt, der drei damals in Berlin stattgefundene Liebermann-Ausstellungen ankündigt. Im Juli 1997 wäre der 1847 geborene Berliner Künstler 150 Jahre alt geworden. Dieses Jubiläumsjahr bot somit Anlass, Max Liebermanns Leben und Werk einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Max Liebermann gehört zu den bedeutendsten Malern der deutschen Moderne. Anfangs als „Armeleutemaler“ dem Realismus und Naturalismus verpflichtet wurde er später zum Vorreiter des Impressionismus in Deutschland. Nicht nur seine Kunst, sondern auch sein kunstpolitisches Engagement als Präsident der Berliner Secession und der Preußischen Akademie der Künste machten ihn zu einer angesehenen und geschätzten Künstlerpersönlichkeit. [...]  Mehr

Zum 83. Todestag von Max Liebermann

Heute vor 83 Jahren, am 8. Februar 1935, starb Max Liebermann im Alter von 87 Jahren in seinem Wohnhaus am Pariser Platz.

In Zusammenhang mit den Vorbereitungen für die Herbstausstellung der Liebermann-Villa „ London 1938“ wird immer deutlicher, wie wichtig es für den hochbetagten Max Liebermann nach 1933 war, im Ausland ausgestellt und gewürdigt zu werden.

Porträt Max Liebermann, um 1930
© MLG, Foto: Grete Friedländer

Schon 1933 hatten die Nationalsozialisten alle jüdischen Mitglieder aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen; 1934 wurden alle jüdischen Künstler aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen, was eine Beteiligung am deutschen Kulturbetrieb unmöglich machte. Auch um den sonst gesellschaftlich so eingebundenen Max Liebermann wurde es ruhig. Man mied ihn und seine Werke verschwanden nach und nach aus den öffentlichen Sammlungen.

Deshalb war Liebermann sehr gerührt, als der Direktor des Royal College of Art, Sir William Rothenstein, für die Leicester Galleries in London eine Liebermann-Ausstellung organisierte. Hocherfreut schrieb er nach London:

„Ihr Brief hat mich ausserordentlich erfreut, denn er bestätigte mir (was mir bereits Herr Flechtheim gesagt u geschrieben hatte), daß Sie mir in Ihren freundschaftlichen Gesinnungen treu, wie seit vielen Jahrzehnten, geblieben sind. Wie dankbar ich Ihnen für das opferwillige Interresse, mit dem Sie sich meiner Ausstellung in den Leicester Galleries angenommen haben, bin, kann ich Ihnen nicht sagen. Ohne Sie wäre die Sache einfach unmöglich gewesen, ja sogar bis Juli 1932 hätte auch der »phantasievollste« Kunsthändler kaum daran gedacht, einen Fünf und Achtzigjährigen in London in einer Ausstellung zu zeigen.“

Wie wichtig für Liebermann die Ausstellung in den Leicester Galleries in den letzten Monaten seines Lebens war, geht aus einem Brief hervor, den er nur zwei Wochen vor seinem Tod, am 14. Januar 1935, seiner Frau Martha an Sir William Rothenstein diktierte:

Max Liebermann, Selbstporträt, 1934
von Lord Marks 1935 vom Künstler für die Tate angekauft
(Abb.: Werkverzeichnis Eberle 1934/3)

 

„Seit nunmehr zwei Monaten verhindert mich eine Grippe und deren Folgen Ihnen selbst meinen Dank für Ihre freundliche Hilfe und Sorge für meine Londoner Ausstellung zu sagen, an deren Erfolg Sie so großen Anteil haben.
Ich wartete von Woche zu Woche auf Besserung, und muß nun doch, da die Zeit weiter fortschreitet, mich zu meinem Dank der Hand meiner Frau bedienen. Ohne die Freude und Genugtuung die mir Ihre Freundschaft und[sic] die Collegialität der englischen Künstler bereitet haben, hätte ich diese schreckliche Zeit der Krankheit wohl nicht überstanden.“

Der Ankauf seines Selbstporträts von 1934 durch Lord Marks und die Schenkung an die Tate Gallery waren für den in Deutschland boykottierten Künstler eine wichtige Anerkennung in seinen letzten Lebenstagen.

 

 

 

 

 

 

Die Ausstellung “London 1938. Mit Kandinsky, Liebermann und Nolde gegen Hitler” ist vom 7. Oktober 2018 – 14. Januar 2019 in der Liebermann-Villa zu sehen. [...]  Mehr

Selbstbildnis eines Mannes von Welt

Seit einigen Wochen ist ein neues Selbstporträt Max Liebermanns bei uns in der Villa am Wannsee zu bewundern. Das großformatige Gemälde Selbstbildnis, stehend in Dreiviertelfigur, beide Hände in den Hosentaschen aus dem Jahr 1915 kommt als Dauerleihgabe aus der Nationalgalerie Berlin zu uns. Das Bild war fast 100 Jahre in Privatbesitz bevor es 2014 dem Museum geschenkt wurde – von den Freunden der Nationalgalerie. Jetzt ist es hier in der Liebermann-Villa im Atelier des Künstlers zu sehen.

Dauerleihgaben
Max Liebermann, Selbstbildnis, stehend in Dreiviertelfigur, beide Hände in den Hosentaschen, 1915 © SMB – Nationalgalerie – Foto: Andres Kilger

Das Selbstbildnis malte Liebermann 1915 mit Öl auf Karton. Es zeigt den Künstler, einen dunklen Anzug tragend, in einer lässigen Dandy-Pose. Der 68-jährige zeigt sich als Mann von Welt: distinguiert, vornehm gekleidet und sich seiner gehobenen Stellung bewusst. Staffelei, Palette und Pinsel fehlen, wodurch ein Hinweis auf seine künstlerische Tätigkeit fehlt.

Das Bild ist maßvoll in Weiß-, Schwarz- und Brauntönen gehalten. Die kurzen, trockenen Pinselstriche auf unbehandeltem Malgrund zeigen die ganze Könnerschaft des Künstlers. Der dunkle Anzug ist nur summarisch in breiten Strichen angedeutet. Auch der neutrale Hintergrund – oft kennzeichnend für die Porträtkunst Liebermanns – bieten keine Hinweise auf die räumliche Situation. Nur kleine Details, wie die mit wenigen Strichen angedeutete Krawattennadel in leuchtendem Gelborange, bilden farbliche Akzente, welche der Darstellung Leben einhauchen.

Dauerleihgaben
Max Liebermann in seinem Atelier in Wannsee, um-1932 © MLG, Foto: Lotte Jacobi

Da die Hände in den Hosentaschen versteckt sind, wird die gesamte Aufmerksamkeit auf das Gesicht des Malers und somit dessen Persönlichkeit gelenkt. Liebermann erwidert mit kritisch prüfender Miene und hochgezogener Augenbraue den Blick des Betrachtenden. Eine derartige Körpersprache schafft Distanz zwischen Liebermann und seinem Gegenüber. Die privat anmutende Haltung jedoch wirkt wie die spontane Momentaufnahme einer Fotografie. Als bekannter Künstler und Präsident der Akademie wurde Liebermann häufig von Pressefotografen besucht,. Insbesondere in den zwanziger Jahren entstanden so zahlreiche Porträtaufnahmen, mit denen sich Liebermanns Selbstporträts zu messen hatten. Das ist vermutlich auch der Grund dafür, weshalb er sich in beiden ganz ähnlich inszenierte. Somit präsentiert sich der Künstler in diesem Selbstbildnis leger aber selbstbewusst.

Liebermann hat während seiner Karriere um die siebzig Selbstporträts gemalt – damit nehmen diese einen durchaus beachtlichen Teil seines Gesamtwerks ein. Damit fing er vergleichsweise spät an: Mit der Ausnahme eines Brustbildes als Gymnasiast 1866 und eines 1873 entstandenen Küchenstilllebens, in dem Liebermann als lachender Koch zu sehen ist, gibt es von ihm keinerlei Selbstporträts aus jüngeren Jahren. Liebermanns erstes gültiges Selbstbildnis malte er erst im Winter 1902/3, im Alter von 55 Jahren, zur selben Zeit, als er auch mit dem Malen von Porträts anderer Persönlichkeiten begann und die Bedeutung seiner Malerei allgemein anerkannt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war Liebermann bereits ein erfolgreicher und etablierter Künstler, Präsident der Berliner Secession und Mitglied der Akademie der Künste.

Dauerleihgaben
Max Liebermann, Selbstporträt,1902, aus: Kunst und Künstler, 1903

Doch auch dieses erste Selbstporträt aus dem Jahr 1902 entstand nur auf Bitte der Direktion der Uffizien in Florenz hin, welche den Wunsch äußerte, „sein Bildnis der berühmten Sammlung von Selbstbildnissen einzureihen“, wie sein Biograf Erich Hancke berichtet. Das daraufhin entstandene Werk weist einige Gemeinsamkeiten mit dem 1915 gemalten Porträt auf: es zeigt Liebermann im Dreiviertelprofil mit einem düsteren Gesichtsausdruck und im dunklen Anzug – diesmal aber auf einem Stuhl sitzend und Zigarette rauchend. „Dieses neue Porträt musste zunächst überraschen, denn statt beweglich, geistes- und lebenssprühend, wie man den Künstler in der Vorstellung hat, zeigt es ihn ernst, beinahe angespannt dreinschauend“, bemerkt Hancke. Wohl auch aus diesem Grund bestimmte Liebermann später ein anderes Selbstbildnis (Selbstbildnis an der Staffelei nach rechts, 1908), diesmal mit Staffelei und Malwerkzeug, für die Uffizien.

Dauerleihgaben
Max Liebermann, Selbstbildnis an der Staffelei nach rechts, 1908, in: Die Kunst für alle, 1917

Ab 1910 kehrte Liebermann immer wieder zum Thema des Selbstporträts zurück, insbesonders in den Jahren 1911 bis 1916. Die meisten Bilder aus diesem Zeitraum zeigen den Künstler „bei der Arbeit“. Ab 1918 dagegen rückten die Bildnisse ohne Pinsel oder Staffelei in den Vordergrund. In dieser Hinsicht ist das 1915 Bild Selbstbildnis, stehend in Dreiviertelfigur, beide Hände in den Hosentaschen außergewöhnlich: ein frühes Beispiel für seine späteren, vielleicht selbstbewussteren Selbstdarstellungen.

Autorin: Isabella Seegers / Dr. Lucy Watling

Isabella Seegers studiert Kunstgeschichte und hat ein Praktikum in der Liebermann-Villa absolviert. Dr. Lucy Watling ist wissenschaftliche Volontärin der Liebermann-Villa.