Am 2. Juni 1920 wurde Max Liebermann vom Akademischen Senat einstimmig zum Präsidenten der Preußischen Akademie der Künste zu Berlin berufen. Seine Präsidentschaft, die er am 1. Oktober übernahm, behielt er mittels alljährlicher Wiederwahl bis 1932. Von 1932 bis 1933, als der Komponist und Theaterintendant Max von Schillings seinen Posten übernahm, wurde er zum Ehrenpräsident ernannt.
Bei seinem Amtsantritt galt der 73-jährige liberale Künstler in den Berliner Kunstkreisen schon lange nicht mehr als der von Kaiser Wilhelm II. diffamierte „Rinnsteinmaler“, sondern als anerkannter und gefragter großbürgerlicher Künstler. Die führende Position der höchsten Kunstinstitution Preußens, die er über ein Jahrzehnt lang innehatte, machte ihn zu einer zentralen kulturpolitischen Persönlichkeit der Weimarer Republik. Durch ihn wurde die Akademie zu einem wichtigen Ort der Auseinandersetzung mit der Moderne. Dabei waren seine programmatischen Reden zu den alljährlichen Eröffnungen der Frühjahrs- und Herbstausstellungen ein wichtiges Instrument für die Modernisierung der Akademie und seine Selbstdarstellung als unabhängiger Präsident und Juror. Liebermann verstand sein Amt als Akademiepräsident auch als Verpflichtung, in die aktuelle Kulturpolitik einzugreifen und sie zu beeinflussen und er versuchte zugleich, verschiedene politische Richtungen innerhalb der Akademie zu versöhnen. Ferner wurde unter seiner Präsidentschaft die Sektion für Dichtkunst (heute Literatur) im Jahr 1926 gegründet, um weitere Kunstrichtungen zu verstärken. Gegenüber der jüngeren Künstlergeneration verhielt sich Liebermann offen und setzte sich für die Aufnahme der Akademiemitgliedschaft von Otto Dix, Max Pechstein, Max Beckmann, Karl Schmidt-Rottluff und Oskar Kokoschka ein. [...]Mehr
Heute ist der zweite internationale Tag der Provenienzforschung – ein vom Arbeitskreis Provenienzforschung e.V. initiierter Thementag mit dem Ziel, die Provenienzforschung einem breiteren Publikum bekannt zu machen. In diesem Blog berichtet die Direktorin der Liebermann-Villa, Dr. Lucy Wasensteiner, über Provenienzforschung und die Liebermann-Villa – warum es sowohl für Liebermann-Experten als auch für ein Liebermann-Museum ein wichtiges Thema ist.
Viele werden dieses Bild kennen: Max Liebermanns Zwei Reiter am Strand nach Links aus dem Jahr 1901. Das Bild tauchte 2012 im sogenannten „Schwabinger Kunstfund“ auf. Es ist eins der markantesten Kunstwerke unter den mehreren hunderten, die in der Wohnung Cornelius Gurlitt in München aufgefunden wurden. Nach seinem ersten Verkauf 1905 – vermutlich bei Cassirer in Berlin – gehörte dieses Bild über 30 Jahre lang dem jüdischen Geschäftsmann und Kunstsammler David Friedmann aus Breslau. Nach dem Tod Friedmanns 1942 ging seine Kunstsammlung verloren. Im gleichen Jahr landete das Bild bei Hildebrand Gurlitt (dem Vater von Cornelius Gurlitt), der als Kunsthändler zahlreiche Geschäfte mit und im Auftrag der NS-Regierung machte. 2014 wurde das Gemälde an den Erben Friedmanns restituiert und ein Jahr später bei Sotheby‘s in London versteigert, wo es einen Preis von über 2 Millionen Euro erzielte. [...]Mehr
Die Spezialtransporte kamen aus ganz Europa, aus Stockholm, Edinburgh, Paris, Basel und allen Teilen Deutschlands. Und fast jedes der Spitzenwerke kam mit einer Kurierin, einer Museumsmitarbeiterin, die besonders wertvolle Leihgaben auf ihrer Reise zum Ausstellungsort begleitet. Das ist dann keine Lustreise, wenn die Kuriere auf dem Lastwagen mitfahren und mit Zwischenstation, bei der das Fahrzeug in ein Sicherheitslager eingestellt wird, zwei Tage unterwegs sind.
28 originale Ausstellungsstücke aus der legendären Retrospektive „Twentieth Century German Art“ von 1938 kamen auf diese Weise in die Liebermann-Villa, und was für welche! Aus dem Centre Pompidou in Paris eine Murnau-Landschaft aus Kandinskys expressionistischer Phase; aus der National Gallery Edinburgh das atemberaubend monumentale „Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers“ von Kokoschka oder die farbkräftige Collage von Alexander Archipenko.
Solche Bilder auszupacken zu dürfen, ist auch den Erfahrenen ein besonderes Erlebnis. Beim Auspacken werden dann – wie üblich – alle Bilder einer genauen restauratorischen Untersuchung unterzogen und die Protokolle abgeglichen, die vor dem Transport durch die Restauratoren der leihgebenden Museen angefertigt wurden. Dabei konnten wir auf der Rückseite einiger Werke noch die originalen Aufkleber der Londoner Ausstellung sehen. Deutlich zu lesen war der Aufkleber zum Beispiel auf der Rückseite der Archipenko-Collage.
Oft war er einer von vielen, häufig neben namhaften Ausstellungsstationen wie dem Guggenheim Museum, der Tate Gallery oder anderen großen Museumsnamen. Dieser Aufkleber war im Übrigen auch für die der Ausstellung vorangehenden Forschungen von entscheidender Bedeutung. Er war für Dr. Lucy Wasensteiner, der Kuratorin der Ausstellung, ein wichtiger Hinweis bei der Identifikation der Werke, die in London 1938 zu sehen waren. Denn der Katalog von 1938 besaß keine Abbildungen und listete die Exponate mit verkürzten Werktiteln in englischer Übersetzung auf. Daher war geradezu detektivische Arbeit notwendig, um die rund 300 Werke zu identifizieren, die damals in London zu sehen waren.
Am letzten Sonntag war es dann soweit: In Anwesenheit der Staatsministerin für Kultur und Medien, Prof. Monika Grütters, und des britischen Botschafters, Sir Sebastian Wood, konnte die Ausstellung „London 1938. Mit Kandinsky, Liebermann und Nolde gegen Hitler“ in der Liebermann-Villa feierlich eröffnet werden. Die Bedeutung der Ausstellung wird aber nicht nur durch politische Prominenz unterstrichen, sondern auch durch die Anzahl namhafter Förderer, allen voran die Kulturstiftung des Bundes, deren Geschäftsführerin, Hortensia Völkers, ebenfalls an der Eröffnung teilnahm. Weitere Förderer sind die International Music and Art Foundation (IMAF), die Ernst von Siemens Kunststiftung, der British Council, die Familien-Schultz-Frentzel Stiftung, Sotheby’s Deutschland und die Weberbank. Sie alle haben die Aktualität des Themas, die innovative Herangehensweise unseres Ausstellungsprojektes und die künstlerische Qualität der Exponate erkannt und gern ihre Unterstützung zugesagt. Kein Wunder ist es deshalb, dass auch das Medienecho riesig war. Fernsehberichte in rbb und ARTE, Radiobeiträge im rbb, Deutschlandfunk und Deutschlandradio sowie zahlreiche Zeitungsartikel. Selbst der britische Guardian hat die Ausstellung mit einem ausführlichen Artikel gewürdigt.
Autor: Dr. Martin Faass
Dr. Martin Faass ist Direktor der Liebermann-Villa
Die Ausstellung “London 1938 – Mit Kandinsky, Liebermann und Nolde gegen Hitler” ist noch bis zum 14. Januar 2019 in der Liebermann-Villa zu sehen.
Diese Webseite benutzt Cookies. Wenn Sie die Webseite weiter nutzten, gehen wir von Ihrem Einverständnis aus.VerstandenDatenschutzerklärung