Gaumenfreuden aus dem Wannseegarten

Ick sage immer, wo det Salatessen anfängt, bejinnt de Kultur. Hier in Berlin fressen se viel zu viel Fleisch“, bemerkte Max Liebermann gegenüber dem Kunsthistoriker Ernst Benkard, aus Frankfurt am Main stammend, „aus dem Westen also, det is jut, da jibt´s viel Jemise und Salat zu essen.
Schon Alfred Lichtwark prophezeite dem bekennenden Gourmet Liebermann, dass er sein Gemüsegärtchen noch sehr liebgewinnen werde. Nicht nur aus kulinarischen Gründen schätzte Liebermann sein Obst und Gemüse, er glaubte fest an die gesundheitlichen Vorzüge von gutem Essen und Trinken.
Lichtwark riet seinem Freund zum Anbau von Schattenmorellen, deren Saft „Medicin fürs Blut ist“ und Liebermann revanchierte sich mit fünf Flaschen französischem Wein zur baldigen Genesung als es dem Freund nach einer Operation gesundheitlich schlecht ging.
Max Liebermann liebte es, mit Freunden zu essen, zu trinken und die feine Kochkunst zu genießen. Eine gute „Materia prima“ gehörte für ihn zur Basis eines jeden Essens, mochte es auch noch so schlicht sein.

Frisches Gemüse aus dem Liebermann-Garten
Frisches Gemüse aus dem Liebermann-Garten

Zu Liebermanns Freundeskreis zählte auch die Kochkünstlerin und Journalistin Julie Elias, die ihrem Freund Liebermann 1925 eine Ausgabe ihres Kochbuches widmete.
Liebermann schätzte alles rund ums Essen als ausgesprochene Kulturleistung. Er liebte die französische und jüdische Küche, korrespondierte mit Freunden und Kollegen über das Essen und Essensszenen im Freien. Biergärten und Restaurants gehörten zu seinen beliebten Motiven als Maler. Sein „Selbstbildnis mit Küchenstilleben“ von 1873 zeigt ihn als fröhlich schmunzelnden Koch mit weißer Mütze und verrät schon sein Bekenntnis zum Feinschmecker in jungen Jahren.
Auch seinen Garten am Wannsee zeigte er stolz seinen Gästen und gemeinsam wurden die Bohnen, Artischocken und Pfirsiche bewundert, wie Erich Hancke zu berichten weiß.
In Zeiten des Ersten Weltkrieges wurde der Garten zur Selbstversorgung immer wichtiger. So wurden auf der großen Rasenfläche hinter der Villa Kartoffeln und Kohl angebaut, festgehalten auf dem Gemälde von 1916 „Wannseegarten mit Kohlfeld“. Liebermann schrieb seinem Freund, dem Kunstsammler Heinrich Kirchhoff im Mai 1917 „…Sonst habe ich statt Gravensteiner Äpfel – Erdäpfel, d.h. Kartoffeln gebaut und dazu Gemüse, Kohl u. sonstiges Essbare, denn wer weiß, wie lange der Krieg noch dauert. Allerdings glaubt Mancher, dass im Herbst Frieden werden wird, aber wer weiß, was dann kömmt. Jedenfalls sollte jeder seinen Kohl pflanzen.”

Ehrenamtliche Gärtnerinnen ernten Gemüse im Liebermann-Garten
Ehrenamtliche Gärtnerinnen ernten Gemüse
im Liebermann-Garten

Auch heute werden im Zier- und Nutzgarten der Liebermann-Villa Rotkohl, Bohnen, Kartoffeln, Artischocken, Tomaten und Salat angebaut. Der gute, alte Gravensteiner Apfel ist auch dabei und auf der Wiese am Wannsee stehen die Pfirsiche, Schattenmorellen, Quitten und Pflaumenbäume und allerlei Beerenobst.
Gemüse und Früchte waren immer ein fester Bestandteil des Wannseegartens, das freut auch unsere Besucher. Die am häufigsten gestellte Frage lautet daher immer wieder „Was passiert denn mit dem ganzen Obst und Gemüse?“ Na, dass essen wir! Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses treffen sich zum gemeinsamen Kartoffelessen, manchmal gibt es auch Bohnensuppe oder die „Liebermann-Gemüsepfanne“ mit grünen Bohnen, Tomaten und Kartoffeln. Auch die ehrenamtlichen Gärtnerinnen und Gärtner schätzen außer der gemeinsamen Gartenarbeit das gemeinsame Kochen und Essen.
Natürlich gehen auch unsere Besucher nicht leer aus. Regelmäßig werden am Gartenhaus Äpfel und andere Früchte zur Verkostung angeboten und das Beerenobstspalier am Wannseeufer lädt zum naschen ein.
Am 5.September findet wieder unser Gartentag statt, zu dem Sie herzlich eingeladen sind! Wir bieten Ihnen den Verkauf ausgewählter Blumenzwiebeln, handcolorierte Samentütenunikate, Geselligkeit und gemeinsame Pflanzaktionen, bei denen auch unsere heiß begehrten Kürbisse verlost werden. Vielleicht treffen wir uns ja dann zu einer Kürbissuppe bei Ihnen? Na, det nenn ick Kultur!


Autorin + Fotos: Kirsten Plathof

Kirsten Plathof ist Gärtnermeisterin der Liebermann-Villa.

Buchtipp:
Ursula Hudson-Wiedenmann: “Meisterwerke für uns’ren Gaumen.” Max Liebermanns Geselligkeit und feine Küche. Vacat Verlag, 144 Seiten, Potsdam 2009. (erhältlich im Museumsshop der Liebermann-Villa)